Roter Schirm - Red Umbrella

Thomas Aeffner • 25. März 2021

Solidarität unter Sexarbeitenden, von der Tantramassage bis zur Strassenprostitution

Ich habe gerade ein Video gesehen, in dem Sexualbegleitung vorgestellt wurde.

Dabei kam auch die in solchen Beiträgen übliche Frage: "was unterscheidet euch von der Prostitution?"

Worauf dann immer recht beflissen versucht wird, sich deutlich davon abzugrenzen. Dabei haben die gezeigten Sexualbeglei­terinnen meist auch nur die üblichen Vorurteile darüber, wie klassische Sexarbeit aussieht. Und so zementieren auch diese Kolleginnen nur die gängigen Klischees.

Ich habe gerade einen Aufruf des Tantramassageverbands gelesen, in dem Geld gesammelt wird um Klagen zu finanzieren, bei denen der Unterschied zur Prostitution gerichtlich bestätigt werden soll.

Im Text wird sogar noch das Stigma angesprochen, mit dem die Prostitution behaftet ist und das wir Tantramasseure bei Leibe nicht angehängt bekommen möchten.

Und natürlich die Gefahr eines Sexkaufverbotes: sollte das kommen, wären die Tantramassagen, wenn man sie als Teil der Prostitution ansieht, ja auch betroffen und würden unmöglich gemacht.

Ich verstehe ja, dass einem das Hemd näher ist als die Jacke, dass jeder auf sein eigenes Überleben schielt und nach Schlupflöchern Ausschau hält. Aber ist diesen Menschen eigentlich klar, was sie da gerade tun? Dass sie wie selbstverständlich die Stigmatisierung der Prostituierten selbst auch vornehmen?

Und dabei ist das Ziel Verbandes doch die Förderung „der sexuellen Selbstbestimmtheit und Gesundheit, sowie eine achtsame und respektvolle Berührungskultur!“

Statt also unsere Kräfte zu bündeln, gemeinsam unsere Stimmen hörbar zu machen und zusammen Sexualität in all ihrer Vielfalt wieder zu einer selbstverständlichen Normalität unseres Zusammenlebens zurück zu verhelfen, geschieht hier freiwillig und ohne zu hinterfragen das, was sonst Gegner*innen einer sexuellen Kultur immer wieder versuchen: die Gesamtheit all derer, die in dieser Abteilung arbeiten zu zerstückeln, in Untergruppen und Untergrüppchen zu zerteilen, damit sie schließlich so klein sind, dass sie sich nicht mehr wehren können.

Was bleibt von den heren tantrischen Gedanken der Verwobenheit von allem mit allem noch über, wenn wir selbst uns die Unterteilung in "spirituelle" Tantramassage und der Befriedigung „animalischer“ Triebe zu eigen machen?

Die Prostituierten sind es ja gewöhnt, dass sie in gesellschaftliche Aus gestellt werden - mit denen will keiner etwas zu tun haben. Auch wir nicht?!?

Noch nicht einmal der stigmatisierende Begriff selbst wird korrigiert. Niemand benutzt dabei den unbelasteten und treffenderen Begriff der Sexarbeit.

Aber das ist es doch, was wir alle gemeinsam machen: wir gehen einer Arbeit nach, die mit/für/innerhalb der Sexualität stattfindet.

Das ist ein weites Feld und beinhaltet viele verschiedene Berufe.

Gemeinsam ist uns, dass in den letzten 40 Jahren alles was damit zu tun hat, wieder ins gesellschaft­liche "Aus" geschoben wurde. Trotz allgegenwärtigem Sex in der Werbung, trotz Swingerclubs und „50 shades of grey".

Ja, es gibt Menschen, die Sexualbegleiter*innen geradezu heiligsprechen wollen, weil sie den „armen Behinderten" zu sexuellen Erlebnissen verhelfen. Aber die gleichen (und noch ganz viel mehr) rümpfen ihre Nase, wenn es um bezahlten Sex für "Normale" geht. Machen wir uns nichts vor: spätestens in dem Moment, wo klar wird, dass die Tantramassage zum Orgasmus führen kann, wird sie von ihnen wie andere sexuelle Dienstleistungen angesehen und abgewertet.

Gesellschaftliche Kreise, die Sexualität nur im Privaten zulassen wollen, werden vermutlich nicht aufhören, wenn die "klassische" Sexarbeit unmöglich gemacht ist, sondern auch solche „Sonderformen" wie Sexualbegleitung und Tantramassage verbannen wollen: wenn nicht in einem Aufwasch mit der klassischen, dann eben danach. Und so ein kleines Grüppchen ist schließlich noch leichter zu beseitigen.

Wir verschenken die Chance darauf, der Sexualität in unserer Gesellschaft den Platz zu geben, der ihr gebührt: sie gehört zur Basis der Maslowschen Bedürfnispyramiede - wie Essen und Trinken. Wir alle haben kein Problem damit, eine Esskultur zu fördern, die über die reine Notwendigkeit der Nahrungs­aufnahme hinausgeht und den Einsatz von Profis einschließt - mit Arbeitsstätten da, wo wir Menschen leben und arbeiten. Wir akzeptieren und nutzen sowohl Schnellimbisse wie Sternerestaurants und schätzen gleichzeitig das liebevoll zubereitete Essen zuhause. Warum sollte es ein Problem sein, der Sexualität und Sexkultur gleiches angedeihen zu lassen?

Was soll das für eine „respektvolle Berührungskultur" werden, wenn wir nicht einmal selber Respekt vor unseren Kolleg*innen im weitesten Sinne aufbringen?

Und auch wenn nun mal das Hemd näher ist, als die Jacke: wir wissen um den Wert der Jacke, wenn das Wetter rauh wird!

Uns allen bläst gerade der Wind kräftig ins Gesicht. Wir brauchen sowohl das Hemd als auch die Jacke – und den roten Schirm.



25.03.2021


(Der Rote Regenschirm ist das Symbol für die Sexarbeit – weltweit. Es findet keine Demonstration, keine Aktion, kein Fest, keine Veranstaltung und kein öffentliches Ereignis zu Sexarbeit statt ohne die Roten Regenschirme)



mein Jahresrückblick 2024

von Thomas Aeffner 1. Dezember 2025
Meine Sexualbegleitung aus der subjektiven Sicht einer Klientin beschrieben, die fast vollständig blind und gelähmt ist und die auch kaum sprechen kann - nachdem sie vor vielen Jahren als junge Frau eine CO2-Vergiftung erlitten hat. Sie lebt in einer Pflegeeinrichtung. Der Leiter der Pflege hat ihren Wunsch nach körperlicher Nähe und liebevollen erotischen Berührungen ernst genommen und mich hinzugezogen, um ihr zu ermöglichen, ihr Leben trotz ihrer massiven Einschränkungen so selbstbestimmt wie möglich leben zu lassen.
von Thomas Aeffner 30. November 2025
Ein ehrlicher Blick in meine Praxis – und ein Plädoyer für mehr Normalität und Nähe
von Thomas Aeffner 11. November 2025
- oder warum es letztlich um Menschlichkeit geht
von Thomas Aeffner 5. Juli 2025
Ich bin Thomas, ein Mann mit grauem, schulterlangem Haar, Dreitagebart und einer Vorliebe für T-Shirts, Jeans und Cowboystiefel. Als Künstler bringe ich eine tiefe Liebe für das Leben in meine Arbeit als Sexualbegleiter ein. Meine Berufung ist es, Menschen in ihren intimsten Momenten zu begleiten, ihnen einen Raum zu schenken, in dem sie sich lebendig, gesehen und wertgeschätzt fühlen können. Eine dieser Begegnungen, die mich tief berührt hat, war die mit Maria – eine Erfahrung voller Zärtlichkeit, Lachen und echter Verbindung, die mich mit großer Dankbarkeit erfüllt.
von Thomas Aeffner im Dialog mit einer Klientin 26. Juni 2025
Einleitung: Sexualbegleitung als Weg zur Heilung Sexualbegleitung und Sexual Healing sind mehr als nur körperliche Begegnungen – sie sind ein Raum in dem tiefe Heilung, Selbstannahme und die Wiederentdeckung von Intimität geschehen kann. Meine Arbeit als Sexualbegleiter basiert auf meinem Motto „Ich berühre in Liebe“. In diesem Erfahrungsbericht teile ich die bewegende Geschichte von Anna* (*Name geändert), einer Frau, die durch eine einzige Session Sexualbegleitung so gestärkt wurde, dass sie heute in einer glücklichen Beziehung lebt. Ihre Worte und meine Perspektive ergänzen sich hier zu einer Erzählung, die zeigt, wie transformativ liebevolle Berührung und Achtsamkeit sein können.
von Thomas Aeffner 25. Mai 2025
Ein sinnlicher Erfahrungsraum, ein Ankommen im eigenen Körper. Ein Ritual der Berührung, das weit über das hinausgeht, was viele sich vorstellen können. Die Tantramassage ist eine Einladung – zu dir selbst, zu deinem Körper, zu deiner inneren Lebendigkeit.
von Thomas Aeffner 21. Mai 2025
In einer Welt, die oft laut, schnell und distanziert ist, bleibt der Wunsch nach Nähe, Zärtlichkeit und echter Verbindung tief in uns bestehen. Sexualbegleitung ist ein geschützter Raum, in dem du dich zeigen darfst – mit allem, was da ist: Sehnsucht, Neugier, Schmerz, Lebensfreude. Als erfahrener Sexualbegleiter begleite ich dich mit Achtsamkeit, Respekt und einem offenen Herzen. Mein Motto ist: Ich berühre in Liebe. Hier findest du 20 gute Gründe, wann und warum Sexualbeg leitung für Frauen, Männer und queere Menschen wertvoll sein kann – ganz gleich, wo du gerade im Leben stehst.
von Thomas Aeffner 11. Mai 2025
Willkommen in einer Welt, in der Berührung, Vertrauen und Hingabe zu einem einzigartigen Erlebnis verschmelzen. In diesem Blogbeitrag nehme ich dich mit auf eine Reise in die faszinierende Kombination von Kuscheln und Bondage – zwei Praktiken, die auf den ersten Blick konträr erscheinen mögen, doch in ihrer Verbindung ein tiefes Potenzial für emotionale Heilung, Selbstentdeckung und innige Nähe entfalten. Als Experte für Körperarbeit und Kuscheln brenne ich dafür, Menschen durch sinnliche Berührung und achtsame Begegnung zu unterstützen. Mit viel Zuneigung und Hingabe begleite ich meine Klientinnen auf ihrem Weg zu mehr Verbindung – zu sich selbst und zu anderen. Lass dich inspirieren und entdecke, warum diese Dienstleistung bei mir ein so besonderes Erlebnis ist.
ein Mann und eine Frau lächeln sich an. Stimmungsvolles Foto mit Lichtreflexen
von Thomas Aeffner 19. Januar 2025
„Ich berühre in Liebe.“ Dieser Satz beschreibt die Essenz meiner Arbeit, auch als Sexualbegleiter. Sexualität ist eine kraftvolle, verbindende Energie, die weit über körperliche Lust hinausgeht. Sie ist ein Ausdruck von Nähe, Geborgenheit und universeller Liebe. Viele Menschen – insbesondere jene mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen – haben nur begrenzten Zugang zu diesem fundamentalen Aspekt des Lebens. Dabei ist das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ein Menschenrecht! Meine Sexualbegleitung öffnet einen geschützten Raum, in dem Berührung, Intimität und Selbstentfaltung mit Liebe und Respekt erfahren werden können. „Penetrate the World with Love“ – Meine Arbeit ist ein bewusster Akt der Liebe, der darauf abzielt, Heilung, Freude und tiefe Begegnungen zu ermöglichen .
Ein Mann lehnt seinen Kopf auf seine verschränkten Arme ind schaut entspannt in die Kamera
von Thomas Aeffner 31. Dezember 2024
Einleitung Dieser Blog hier ist für mich ein Novum: ich habe so etwas noch nie gemacht, trotzdem hast du ihn hier vor dir: den Jahresrückblick 2024. Als roter Faden zieht sich durch das ganze Jahr, dass ich einen Gang zurück geschaltet habe, Entschleunigung nennt man das, mir dadurch mehr Zeit für mich und meine Familie geschaffen habe und dadurch gleichzeitg die Qualität steigerte, also mehr geschafft habe bei der Arbeit mit meinen KlientInnen als Sexualbegleiter, Tantramasseur oder was sonst an Körperarbeit angefragt wurde. Wie bin ich nun darauf gekommen, einen Jahresrückblick 2024 zu verfassen? Folgendes ist passiert: Ich kontrollierte meinen Webseite www.aeffner.com und stelle fest: mein Gästebuch ist weg! All die wunderbaren und berührenden Feedbacks, die meine KlientInnen mir geschrieben haben sind offenbar gelöscht. Und jeder, der mich kennt, weiß natürlich: ein Backup davon gibt es nicht. In meinen E-Mails werde ich sicher das ein oder andere Statement wiederfinden, aber manches ist endgültig verloren. Seltsamerweise geriet ich nicht in Panik. Ich saß am Kaminofen, schaute in die Flammen und dachte zurück an all die Begegnungen, an all die Menschen, mit denen ich arbeiten durfte und an all die lieben Worte, die sie mir danach geschrieben hatten. Manche Erinnerungen sind schon ein wenig verblaßt, andere stehen noch in lebendigen Farben vor meinem geistigen Auge. Ich möchte zumindest das gesamte Jahr noch einmal zusammenfassen und für mich und euch aufschreiben. Wie gut, dass ich mir Zeit geschaffen hatte, etwas für mich zu tun: ich werde also beginnen, regelmäßig zu bloggen. Und damit das auch wirklich etwas wird, melde ich mich an bei Judith Peters an zu ihrer „ Jahresrückblog “-Challenge.
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