Der feine Unterschied: Sexualbegleitung oder Sexualassistenz
- oder warum es letztlich um Menschlichkeit geht
Ich bin Sexualbegleiter und Sexualassistent aus NRW. Ich verbringe meine Tage damit, Menschen bei der Verwirklichung ihrer intimsten Wünschen zu unterstützen.
Stell dir jetzt vor, wir sitzen gemütlich mit einer Tasse Tee oder Kaffee da und wir plaudern über Themen, die sonst oft nur im Flüsterton besprochen werden.
Heute tauchen wir in ein Thema ein, das mich immer wieder mal zum Schmunzeln bringt: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Sexualbegleitung und Sexualassistenz. Ist da überhaupt ein Unterschied? Viele verwenden diese Begriffe schließlich synonym, als wären sie austauschbare Zutaten in einem Rezept – mal nimmst du Erbsen, mal Bohnen, und das Gericht schmeckt am Ende ähnlich. Aber lass uns das mal genauer betrachten, ohne dass es zu akademisch und trocken wird. Denn am Ende geht's um euch, liebe Leserinnen und Leser – um Menschen, die mehr über meine Arbeit erfahren möchten und vielleicht selbst Unterstützung suchen.
Zuerst mal: Was bedeuten diese Begriffe eigentlich?
Sexualassistenz:
Fangen wir bei den Basics an. Sexualassistenz lehnt sich an den Begriff der Alltagsassistenz an – du weißt schon, diese professionellen Helfer, die im Alltag für Menschen mit Behinderungen da sind, die quasi deren Hände und Füsse sind um das zu bewerkstelligen, was die Assistenznehmer alleine nicht tun könnten. Es geht um praktische Unterstützung, wie beim Waschen, Anziehen, Toilettengang, Kochen oder Einkaufen. In der Sexualität übersetzt sich das zu Hilfeleistungen, die den Alltag erleichtern, aber speziell im intimen Bereich stattfinden. Denk also an jemanden, der dir hilft, ein Sextoy zu besorgen, zu benutzen oder dich zu einem Date vorbereitet – alles mit dem Fokus auf Assistenz, also auf dem, was du brauchst, um unabhängig zu sein.
Sexualbegleitung:
Auf der anderen Seite steht die Sexualbegleitung. Das klingt ein bisschen romantischer, oder? "Begleitung" lehnt sich an eine Begegnung auf Augenhöhe an – wie ein Spaziergang mit einem guten Freund, bei dem man tiefgründig plaudert. Hier geht's um emotionale Nähe, um das Teilen von Erfahrungen und das Erkunden der eigenen Sexualität in einer partnerschaftlichen Weise. Es ist weniger "ich helfe dir" und mehr "wir entdecken das zusammen". In der Praxis mischt sich beides oft, weil das Leben nun mal nicht in Schubladen passt.
Die Praxis:
Aber wisst ihr, was ich ehrlich finde? In der Praxis ist dieser Unterschied gar nicht so wahnsinnig wichtig. Es ist wie bei Kaffee und Cappuccino – beide machen dich wach, und am Ende zählt der Genuss. Viele Klienten kommen zu mir und sagen: "Ich brauche einfach jemanden, der versteht, der mir gut tut, der mich bei meiner Selbstbestimmung unterstützt."
Und genau da setzt meine Arbeit an: Mit Empathie, Respekt und einem Schuss Humor, um die Stimmung aufzulockern. Denn Sexualität ist kein Tabuthema, sondern etwas Natürliches, auf das wir alle ein Anrecht haben.
Der wahre Game-Changer: Aktive vs. Passive Sexualassistenz
Okay, jetzt kommen wir zum Kern, der mich wirklich antreibt – und der, ehrlich gesagt, viel relevanter ist als die Feinheiten zwischen Begleitung und Assistenz. Lasst uns über aktive und passive Sexualassistenz sprechen. Das ist der Unterschied, der in der Realität zählt, besonders für Menschen mit Behinderungen, die auf Unterstützung angewiesen sind und ihre Assistentinnen und Betreuer.
Aktive Sexualassistenz:
Aktive Sexualassistenz (und Sexualbegleitung) bedeutet, dass der Assistent oder Begleiter mit im Raum und in das Geschehen direkt involviert ist.
Stell dir vor, du brauchst Hilfe bei Berührungen, Positionierungen oder sogar beim Erleben intimer Momente – und die Helferin ist dabei im Raum, macht ggf. sogar mit. Das ist intensiv, und erfordert Vertrauen sowie klare Grenzen. Es ist wie ein Tanz, den beide zusammen tanzen. In meiner Arbeit biete ich das an, immer mit dem Fokus auf Einvernehmlichkeit und Freude. Aber das ist nicht für jede Assistentin geeignet, denn es darf kein Abhängigkeitsverhältnis bestehen und erfordert deshalb spezialisierte Profis wie mich.
Passive Sexualassistenz:
Und dann gibt's die passive Sexualassistenz – oh, die ist im Alltag der Pflege und Assistenz eigentlich das zunächst naheliegende. Passive Assistenz bedeutet: Der Helfer unterstützt alles, was mit deiner Sexualität zu tun hat, aber er ist nicht im Raum, wenn's zur Sache geht. Es geht um die Vorbereitung, die Logistik, das Ermöglichen – und dann zieht sich der Assistent diskret zurück.
Jede Pflegeperson oder Alltagsassistenz kann das leisten, und ja, das darf und sollte sie auch! Es gehört zu den "normalen" Assistenzdienstleistungen, wie die Hilfe beim Einkauf, dem Kochen oder der Nahrungsaufnahme. Aber leider wird das viel zu selten angeboten. Viele Assistenzkräfte scheuen davor zurück, weil's unangenehm scheint, mit eigener Scham behaftet ist oder weil's nicht im Ausbildungsplan stand. Dabei ist es so einfach und so wertvoll!
Beispiele:
Lass mich dir ein paar Beispiele geben, damit's greifbar wird. Stell dir vor, du bist in einer Situation, in der du Unterstützung brauchst:
- Informationsbeschaffung: Dein Assistent recherchiert für dich Bücher, Artikel oder Videos zu Themen wie Sexualität und Erotik.
- Einkauf im Sexshop: Ja, genau! Die Assistentin begleitet dich (oder geht allein), um Toys, Gleitgel oder was auch immer zu besorgen. Ganz nach dem Motto: "Ich bring's nach Hause, du testest's in Ruhe."
- Windelfreie Zeit bereitstellen: Für Menschen, die auf Inkontinenzmaterial angewiesen sind, bedeutet das: Der Assistent sorgt für eine sichere, private Phase, in der du masturbieren kannst, ohne eine Störung befürchten zu müssen. Einfach Zeit und Raum schaffen – so basic, so essenziell!
- Kontaktherstellung zu Sexarbeitenden: Wenn du möchtest, hilft die Assistentin, Kontakte zu knüpfen – per Telefon oder Online. Alles anonym und respektvoll, ohne dass sie bei dem Treffen dabei ist.
- Transfer zu Sexarbeitenden: Der Assistent fährt dich hin, hilft beim Entkleiden und beim Transfer ins Bett oder was nötig ist, und wartet dann draußen oder geht spazieren. Kein Peinlichkeitsfaktor, nur pure Unterstützung.
- Platzierung von Sextoys: Hier wird's praktisch: Die Assistentin positioniert das Toy an der richtigen Stelle (z.B. am Körper), stellt sicher, dass alles ist, wie es sein soll – und verlässt dann den Raum. "Alles gut? Ich bin nebenan, wenn du was brauchst!"
Lasst uns was verändern!
Seht ihr? Das ist passive Assistenz in Aktion. Es ist liebevoll, es respektiert die Privatsphäre und es macht Sexualität zugänglich, ohne dass jemand "mitmachen" muss. In meiner Erfahrung sehe ich, wie das das Leben verändern kann: Menschen blühen auf, fühlen sich selbstbestimmt und genießen ihr Recht auf Intimität. Aber warum wird's so wenig genutzt? Oft aus Scham, Unwissen oder Angst vor Grenzüberschreitungen.
Lasst uns das ändern! Wenn du eine Assistenzkraft bist: Fang an, das anzubieten. Es ist legal, ethisch und menschlich. Und wenn du Unterstützung suchst: Sprich's an – du hast das Recht darauf.
Natürlich, wenn die Anwesenheit bei den eigentlichen sexuellen Handlungen erforderlich oder erwünscht ist – z.B. weil du Hilfe bei Bewegungen brauchst oder Sexualität mit einem Partner suchst, aber keinen passenden hast – dann kommt die aktive Sexualassistenz oder Sexualbegleitung ins Spiel. Das ist mein Spezialgebiet: Mit Wärme, Humor und Professionalität dabei zu sein, deine Grenzen mit dir gemeinsam zu erkunden ohne sie jemals zu überschreiten. Wir berühren unsere Körper, aber es fühlt sich an wie eine Umarmung für die Seele.
Abschließende Gedanken – Und ein Aufruf an euch:
Liebe Leser, Sexualität ist ein Grundrecht, kein Luxus. Ob Begleitung oder Assistenz, aktiv oder passiv – am Ende geht's um euch, um eure Freude und eure Autonomie. Ich lade euch ein, mehr über meine Arbeit auf sexualbegleitung-nrw.de zu entdecken. Schreibt mir, stellt mir Fragen.
Falls du dich fragst, wie du das in deinem Alltag umsetzt – fang klein an. Sei liebevoll, Rede offen, suche Unterstützung. Du bist nicht allein.
mein Jahresrückblick 2024














